Nachgefragt: Das müssen Unternehmen über die Generation Z wissen

 

Nach Y kommt Z

Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als die Generation Y am Arbeitsmarkt ankam. Die Unternehmen rätselten ziemlich intensiv, wie es denn gelingen könnte, bestmöglich mit dieser Generation zu arbeiten. Bzw. welche Veränderungen notwendig seien, die Y-Vertreter zu hochmotivierten Leistungsträgern zu machen. Inzwischen weiß man, dass die Vertreter der Generation Y zwar durchaus hohe Ansprüche an das Unternehmen und seine Führungskräfte - die selbst ganz oft noch Angehörige der Generation davor sind - stellen, dafür aber auch viel zu geben bereit sind.

 

Nachdem die aus diesen Erkenntnissen abgeleiteten Maßnahmen wie Homeoffice, Sabbaticals, flache Hierarchien, neue Führungsstile und Männer in Elternkarenz in vielen Unternehmen umgesetzt und Alltag geworden sind, ist der nächste Orkan der die Arbeitswelt durcheinanderwirbeln wird, bereits unterwegs: Die Generation Z.

 

Generation Z - das sind die jungen Leute, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind. Weite Teile der Generation sind also noch nicht auf dem Arbeitsmarkt angekommen, trotzdem zeichnet sie schon große Fragezeichen auf die Stirnen diverser Personalchefs. Und auf die Stirnen der Politiker zeichnet sie derzeit sowieso noch ganz andere Dinge. Was die Generation Z ausmacht, warum sie so sehr irritiert, wie sie zu ihrer lauten Stimme kommt und was sie verändern wird - dazu durfte ich Peter Tavolato ein paar Fragen stellen: 

 

Dr. Peter Tavolato,

Systemischer Organisationsberater, Führungstrainer, Coach, Vortragender und Autor

Businesspartner der Limak, Lektor an der FH Wiener Neustadt

www.tavolato.com

 

Herr Tavolato, die ersten Vertreter der Generation Z kommen gerade am Arbeitsmarkt an. Müssen sich die Unternehmen vor ihnen fürchten?

Ich denke, fürchten wäre genau der falsche Zugang, Ängste gibt es schon genug in der Zusammenarbeit von Generationen. Die Unternehmen sollten eher neugierig sein. Bin da für eine „Willkommenskultur“ im positivem Sinne. Zusätzlich schlage ich eine Vorbereitung vor. Bestehende MitarbeiterInnen und vor allem die Führungskräfte für Generationsunterschiede zu sensibilisieren und zu trainieren baut Ängste und Vorurteile ab und hilft von Beginn weg eine wertschätzende und respektvolle Beziehungskultur zu schaffen. Es gilt, sich auf die „Knappheit“ einzustellen – in vielen Bereichen gibt es einfach – absolut gesehen – wenige. Diese Generation ist schwer zu bekommen und (die gut ausgebildeten) wissen das ganz genau und stellen so ihre Forderungen. Davon darf man sich nicht abschrecken lassen, aber eine wohlwollende Prüfung und ernsthafte Überlegungen wo man wie dieser Generation entgegenkommen muss ist angebracht.

 

Die Generation Z scheint sich in ganz wesentlichen Punkten von der Generation Y zu unterscheiden. Wie sehr und in welchen Punkten und Einstellungen unterscheiden sich die Generationen tatsächlich?

Das stimmt und wird von vielen Unternehmen unterschätzt. Die Unterschiede in Erwartungen, Bedürfnissen und Verhaltensweise sind sehr groß. Das erwischt einige Unternehmen gerade „am falschen Fuß“ – sie denken, sie haben sich auf die Generation Y jetzt eingestellt (Work-Life Balance, viel Home Office, viel Optimismus etc. (siehe Tabelle)) und nun kommen die Zler und stellen ganz andere Bedürfnisse und Einstellungen in den Vordergrund (wollen Büros, trennen Arbeit und Beruf klarer, brauchen viel Strukturen, wollen noch mehr Spaß und Arbeit die gut zu ihnen passt,...).

 

Generation Z
(nach 1995 geb.)

 

Generation Y
(zw. 1980 und 1994 geb.)

Realitätssinn

ersetzt

Optimismus

Unabhängigkeit

ersetzt

Kooperation

Privatsphäre

ersetzt

Öffentlichkeit

Analog als Zwilling von Digital

ersetzt

Digital only

Lernen bei Bedarf

ersetzt

Formale Ausbildung

Häufiger Rollenwechsel

ersetzt

Häufiger Jobwechsel

Arbeit mit vielen (meist mobilen) Geräten

ersetzt

Arbeit an primär 3 Geräten

Selbsterstellung von Inhalten in sozialen Medien 

ersetzt

Konsum digitaler Angebote

Die Arbeit passt zu mir und meiner Persönlichkeit

ersetzt

Das Wichtigste ist Arbeit die Sinn macht

 

Die Generation Z übt mit Hilfe der digitalen Medien sowohl on- als auch offline öffentlich nachhaltigen Druck auf die Politik aus. Was können Arbeitgeber daraus jetzt schon über die Generation Z lernen?

Diese Generation ist noch stärker vernetzt und nutzt alles Digitale als Zwilling von Analog (d.h. digitaler Auftritt zusätzlich zu analogen Treffen und Kontakten). Digital ist nicht was Neues, was dazugekommen ist, sondern ist selbstverständlich für diese Generation (seit Geburt – kennen die nichts Anderes – wie für viele Generation Strom aus der Steckdose ... und das war für meine Großeltern zumindest nicht selbstverständlich).

Generation Z lernt sich selbst darzustellen und will – wo immer möglich – Anerkennung und Feedback – d.h. Auftritt und Posts in sozialen Medien dienen zur Selbstdarstellung und Likes sind die Währung – womit Aufmerksamkeit generiert wird. „It’s all about being unique“ und „Me at my best“ als zentraler Ausdruck und Hintergrund für Auftritte in sozialen Medien - laut einer aktuelle Studie (GIM Studie, 2018 - “Digital Self vs Real Self”).

Wichtig wird sein, den Trend zur Individualisierung nicht zu übersehen – jeder(e) will als einzelner(e) wahrgenommen und „behandelt“ werden.  Aufmerksamkeit und Begegnung auf Augenhöhe als zentrales Qualitätserfordernis für Begegnung mit der Generation Z (und alle anderen Generationen werden diesen Trend auch sehr schätzen).

 

Was sind die größten Probleme, die den Unternehmen durch die neuen Ansprüche der Generation Z entstehen?

Ich würde es nicht so sehr als Probleme bezeichnen – eher als wichtige Herausforderungen und Chancen, generell den „Umgang“ mit MitarbeiterInnen zu verändern. Ich vermute die größten Irritationen bei der Erwartung/den Bedürfnissen der Generation Z ist viel Struktur zu bekommen (die wollen wieder, dass ihnen jemand sagt was wie zu tun ist!) Sie mögen Stundenpläne wie auf der FH! Und sind, oft als Einzelkinder, verwöhnt durch die große Fürsorge ihrer Eltern. Die VertreterInnen dieser Generation haben ihre Schwäche eher in der Selbstorganisation, da gilt es sie zu unterstützen und nicht zu erwarten, dass sie alleine zurecht kommen. Diese Generation lernt auch anders – sie braucht eher Lerncoaches und Menschen die ihnen helfen lernen zu lernen – weniger die Inhalte für sie aufzubereiten. Das können die gut mit Hilfe von Youtube und Google. Übungen zur Konzentration und Selbstwahrnehmung helfen ihnen.

 

Zentral ist Aufmerksamkeit und Feedback – wer dieser Generation nicht regelmäßig und in kurzen Abständen Feedback gibt, wird sie schnell wieder verlieren. Sie haben eine episodische Loyalität und persönliche Prioritätenverschiebungen (die für Ältere oft schwer nachvollziehbar sind) führen schnell zum Jobwechsel.

 

Was müssen Unternehmen konkret bieten, damit sie für Vertreter der Generation Z attraktiv sind und bleiben?

Wie schon oben erwähnt, hohe Aufmerksamkeit vom ersten Tag an, viel Struktur, Hilfe zur Selbstorganisation, viel Interesse, optimale Infrastruktur, Unterstützung beim Lernen-Lernen und ein innovatives Umfeld.

 

Vielleicht auch Abschied von bekannten Mustern und Erfahrungen – soll heißen sich mehr auf Fluktuation einzustellen, neue Arbeitsmodelle, neue Führungsmodelle, offene und flexiblere Zusammenarbeitsformen, etc.

 

Über all den Bemühungen um die Generation Z sollte man ja aber auch die anderen Generationen im Unternehmen nicht vergessen. Wie gelingt aktives Generationenmanagement, das die Generation Z mit einbezieht?

Das ist natürlich eine sehr bereite Frage – ich verweise mal auf mein Buch „Aktives Generationen-Management, Ressourcen nutzen, Menschen führen, Teams entwickeln." – Schäffer-Pöschel Verlag, Sep. 2016)

 

Als wichtigste Punkte scheinen mir:

  • Sensibilisierung aller über die Unterschiede, Eigenheiten, Bedürfnisse und Hintergründe der Generationen – das kann nicht ausführlich genug sein, Vorträge, Workshops, Tagesveranstaltungen, Großgruppen, etc.
  • Bewusste Förderung und auch der „Zwang“, dass Generationen zusammenarbeiten müssen (Projektbesetzungen, Aufgabenverteilungen, etc.) und strukturierte Reflexion dieses Zusammenarbeitserfahrungen
  • Generationen-Management als Integration und Schwerpunkt in der Führungskräfteentwicklung (Stärkung der Kommunikations- Konflikt- Führungs- und Zusammenarbeitskompetenzen)
  • Führungsarbeit verändert sich gerade sehr stark und die Generationsunterschiede sind ein Auslöser für den Bedarf an einer neuen Autorität und einem neuen Führungsverhalten.
  • Bewusste und reflektierte Vorbild-Wirkung der Führungskräfte
  • Anpassung von Systemen und Organisationsgestaltungen – mehr Flexibilität, mehr Vielfalt, mehr Eingehen auf individuelle Bedürfnisse und viel Transparenz darüber
  • Jeder Generation – aber vor allem den Zlern und den jungen Yern – klar vorhandene Grenzen und Regeln zu erklären – soll heißen es geht nicht darum, alle Wünsche und Erwartungen zu erfüllen sondern klar zu sagen was geht und was nicht geht. Dabei aber auch bewusst vieles in Frage zustellen und die Flexibilität in den Systemen und Regeln zu erhöhen.

 

Vielen Dank für den interessanten Input! 

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