Open Learning Center: Leute, die die Ärmel hochkrempeln

 

Über den Tellerrand schauen

 

Laut der jährlich von Statistik Austria herausgegebenen Studie „Wie geht’s Österreich?“ geht’s uns immer besser: Sowohl das Bruttoinlandsprodukt, das Einkommen als auch der Konsum sind 2018 gestiegen, während die Arbeitslosenquote deutlich zurückgegangen ist. Die subjektive Lebenszufriedenheit liegt weiterhin auf hohem Niveau und der Anteil der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten ist mit 17,5% im Vergleich zu 2017 etwas gesunken.

 

Die Zahlen sind erfreulich. Klar ist aber auch, dass es dennoch viele Menschen in Österreich gibt, die weniger erfreuliche Startbedingungen haben. Wie finden sich diese Menschen auf ihrem Bildungsweg zurecht? Wie ergeht es Menschen mit Brüchen in ihrer Bildungslaufbahn, Menschen mit Lernschwierigkeiten, Wiedereinsteigerinnen und/oder Migranten auf ihrem Weg zur Höherqualifizierung?

 

Im Open Learning Center (OLC)durfte ich drei Leute kennen lernen, die es nicht immer leicht hatten, und die trotzdem die Ärmel hochkrempeln, um sich weiterzuentwickeln. Alle drei kommen regelmäßig ins OLC in Linz: Mohamad Alwadi, Hanifa Wahid und Bhavya Veeramachaneni werden dort nämlich ganz individuell auf ihrem Bildungsweg begleitet:

 

Mohamad Alwadi

Mohamad hat in Syrien maturiert und kam 2016 im Zuge der Flüchtlingswelle nach Europa. Er hatte Glück und bekam recht schnell seinen Aufenthaltstitel, wodurch er bald beginnen konnte, Deutsch zu lernen (er hat die B1-Prüfung absolviert). Zur Zeit arbeitet er in einer Möbelfirma und absolviert dort eine Ausbildung als Betriebslogistikkaufmann. Parallel zum Job besucht er den Vorbereitungskurs zum Nachholen des Lehrabschlusses am BFI. Zwei Mal in der Woche kommt er ins OLC, wo die Lernbegleiterinnen ihn vor allem bei der Lernorganisation unterstützen. Neben der individuellen Lernbegleitung profitiert er vor allem auch von den dort angebotenen Tutorien in Buchhaltung und Rechnungswesen.

 

Was ihm am Besten im OLC gefällt:

„Im OLC wird mir jederzeit geholfen und ich kann Inhalte gemeinsam mit den Lernbegleiterinnen wiederholen.“

 

Hanifa Wahid

Die 5-fache Mutter maturierte in Afghanistan und war dort 10 Jahre als Kindergartenpädagogin tätig. Da sie sich in ihrer Heimat als Moderatorin kritisch zur politischen Situation geäußert hatte, musste sie fliehen und kam so 2013 nach Österreich. Seit 2017 ist sie inzwischen als Kindergartenhelferin tätig - mit der Auflage, die entsprechende Ausbildung berufsbegleitend zu absolvieren. Diese Ausbildung konnte sie mit der Unterstützung des OLC im September 2019 erfolgreich abschließen. Momentan bereitet Sie sich dort auf die nächste Prüfung - Deutsch B1 vor. Hanifa ist übrigens auch weiterhin als Moderatorin aktiv: Die 53-Jährige gestaltet in Österreich eine Videoreihe für DorfTV, in der sie „Afghanistans Schätze“ vorstellt und eine Sendung auf Radio FRO

 

Hanifa gefällt am OLC am Besten:

„Ich komme seit fast einem Jahr regelmäßig ins OLC. Am Meisten hat mir die Hilfe beim Lesen und Schreiben der Seminararbeiten gebracht.“

 

Bhavya Veeramachaneni

Die Medizinerin aus Indien ist seit April 2019 fast jeden Tag im OLC. 2011 schloss sie in Rumänien ihr Studium in Humanmedizin erfolgreich ab. Nachdem sie 2 Jahre Berufspraxis als Volunteer in Indien gesammelt hatte, kam sie der Liebe wegen 2018 nach Österreich. Das Ziel der 32-jährigen ist die Aufnahme in die Ärzteliste der österreichischen Ärztekammer. Dafür ist der Nachweis von Deutschkenntnissen auf dem Niveau eines Muttersprachlers ebenso notwendig wie die Ablegung einer Prüfung bei der Ärztekammer.

 

Das macht Bhavya im OLC:

„Ich nütze die Zeit im OLC zum Lernen oder auch dafür, Deutsch sprechen. Mich mit jemandem zu unterhalten, der Dialekt spricht, fällt mir zur Zeit noch sehr schwer.“

 

Über das Projekt Open Learning Center

Im Open Learning Center wird vor allem die individuelle Begleitung groß geschrieben. Neben den Lernräumen stehen den Teilnehmern eine Bibliothek sowie Laptops und iPads zum Selbstlernen zur Verfügung.

 

Im OLC unterstützen Lernbegleiterinnen und Tutorinnen beim Lernen, bei der Orientierung in der österreichischen Bildungslandschaft und sie stärken auch das Selbstvertrauen ihrer Schützlinge. In den Tutorien können die Teilnehmer in Kleingruppen gemeinsam mit Fachtrainern offene Fragen bearbeiten. Montags stehen Tutorien in Buchhaltung und in Mathematik, mittwochs in Englisch und donnerstags in Deutsch und Sozialem am Stundenplan. Die Angebote des OLC sind für die Teilnehmer übrigens kostenlos, jede und jeder Interessierte kann sich jederzeit bei den Bildungsbegleiterinnen informieren.

 

Fazit

Super Sache also, dieses OLC. Hingehen, beraten lassen, mitmachen! J

 

 

 

Das Projekt Open Learning Center wird aus Mitteln des ESF – Europäischen Sozialfonds und des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung finanziert.

 

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