Warum du die 4 Seiten einer Nachricht kennen solltest

 

Man bekommt ja immer wieder im Arbeitsalltag E-Mails, die einen leicht irritieren. Mir ist es letztens mit dem E-Mail eines ganz lieben Arbeitskollegen so ergangen.

 

Ich schreibe nicht nur für den BFI-Blog sondern bin auch für die überregionale Pressearbeit des BFI OÖ zuständig. Deshalb bin ich grundsätzlich mit vielen verschiedenen Arbeitskollegen in Kontakt und genau das macht mir viel Freude. Pressearbeit bedingt aber auch, dass ich ab und zu schnell Unterlagen/Inhalte/Informationen brauche und da in der Schnelligkeit des Alltags bin ich auch manchmal etwas kürzer angebunden als gut wäre. Tja, letztens bekomme ich auf mein - zugegebenermaßen eben kurz angebundenes - E-Mail neben der angefragten Info auch noch einen Beisatz á la: "Na, mit deiner Kurzfristigkeit bist aber ab und zu schon auch ein bisserl lästig." (Anmerkung: Könnte sein, dass sich jetzt mehrere Kollegen angesprochen fühlen, ich entschuldige mich an dieser Stelle dafür, dass sowas hin und wieder vorkommt. Und außerdem hoff ich, dass ich den Beisatz so verfremdet habe, dass sich niemand eindeutig wiedererkennt ;)).

 

Im ersten Moment neige ich, wen ich so etwas lese dazu, mich recht zu fertigen. Ich muss sagen, ab und zu ärgern mich solche Sachen auch. Ich bin selbst auch oft Betroffene dieser Kurzfristigkeiten.

 

Und im zweiten Moment fallen mir die 4 Ohren von Schulz von Thun ein. DER Klassiker der Kommunikationstheorie. Ich kann gar nicht sagen wie oft er mir im Studium untergekommen ist. Mir war ehrlich gesagt nicht klar, warum uns dieser Schulz von Thun immer und immer wieder vor die Füße geworfen wurde. Inzwischen finde ich den Herrn und seine Theorie ebenfalls genial.

 

Grundsätzlich liegt der Kommunikationstheorie und überhaupt der Sozialwissenschaft zugrunde, dass wir Menschen subjektiv wahrnehmen. Subjektive Wahrnehmung bedeutet kurz gefasst Folgendes: Jeder und jede von uns nimmt die Welt anders wahr, weil wir nicht über genormte, sondern über individuelle Sinnesorgane und Gehirne verfügen.

 

Darauf basiert die 4-Ohren-Theorie: Es geht darum, dass wir wenn wir etwas sagen oder hören weit weg von objektiven Botschaften sind. Beim so genannten 'Senden einer Botschaft' - also beim Reden - schicken wir immer zusätzliche Informationen mit. Eine 'Botschaft empfangen' - also zuhören - können wir nach dieser Theorie ebenfalls nie einfach so. Wir lesen immer zwischen den Zeilen und interpretieren dementsprechend das Gesagte.

 

Sowohl beim Senden als auch beim Empfangen von Botschaften gibt es 4 verschiedene Dimensionen:

  • den Sachinhalt
  • die Appellseite
  • die Beziehungshinweisseite
  • und die Selbstkundgabeseite

 

Was es mit diesen 4 Seiten auf sich hat wird in folgendem Video schön erklärt:

 

Was bedeutet das für mich und die Rückmeldung meiner Kollegin?

Genau genommen ist dieses "na, mit deiner Kurzfristigkeit bist aber ab und zu schon auch ein bisserl lästig" schon die Interpretation meines Appellohrs. Das Appellohr will mich dazu bringen, nichts zu tun, was meine Kollegen in Stress versetzt. Mit welchem Ohr ich tendenziell hinhöre wäre also schon mal geklärt ;)

 

Und wenn ich jetzt von mir und meiner Kommunikationsstruktur wegschaue, hilft es mir, die Botschaft meines Kollegen auf diese 4 Seiten abzuklopfen.

  • Es könnte ja sein, dass der Kollege mich nur darauf hinweisen will, dass die von mir im E-Mail gesetzte Frist kurz ist (das wäre die reine Sachebene, eher unwahrscheinlich ;)).
  • Die Appellebene hatten wir schon - da möchte mir der Kollege sagen, dass ich mich doch bitte das nächste Mal etwas früher melden möchte. Schließlich hat er noch anderes zu tun (entspricht zwar meiner Art zu denken bzw zu hören, muss ja aber deshalb nicht wahr sein).
  • Kommen wir zur Beziehungsseite: Der Kollege sagt mir, dass ich ihm mehr Zeit widmen, vielleicht mal auf einen Kaffee vorbeischauen soll und  nicht bloß ein kurz angebundenes E-Mail abschicken soll (hmmm, möglich).
  • Die vierte - und generell ziemlich interessante - Seite der Nachricht ist die Selbstoffenbarungsseite. Eine Selbstoffenbarungsbotschaft in dem Sinne könnte zB sein: Oh man, ich hab zur Zeit eh mehr als genug zu tun. Jetzt musste ich mir da noch was überlegen, mir ist grad alles zu viel.

 

Wenn ich jetzt also mal so in Ruhe drüber nachdenke, dann ist es eher unwahrscheinlich, dass der Kollege mich angreifen wollte. Inzwischen denke ich, dass er selbst aus irgendeinem Grund gefrustet war und das raus musste. Und dann ists auch ok, kennt man ja selbst oder? Na dann kann ich das böse Antwortmail vorerst in die Entwürfe geben, anstatt es abzuschicken...

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