Wenn der Kopf über Sieg oder Niederlage entscheidet – Mentalcoaching im Sport

 

Luftige Höhen im Leistungssport

Vielfach entscheiden Nuancen wie einzelne Zentimeter oder hundertstel, im Extremfall auch nur tausendstel Sekunden über Sieg und Niederlage. In den Höhen des Leistungssports ist die Luft schwindelerregend dünn. Wer dort oben performen will, muss das Maximum aus sich herausholen - und das nicht nur körperlich sondern auch mental.

 

Unser Ferialpraktikant Bernhard Reichl hat uns einen tollen Beitrag spendiert. Er ist fußballspielender Student an der WU Wien, der Mentalcoaching praktiziert. Vielen Dank, Bernhard! :)

 

Mentalcoaching im Sport

Egal, ob Mannschafts- oder Einzelsport, wenn man im Sport an die Spitze und dort bleiben will, ist Mentaltraining speziell im Profisport unverzichtbar. Sieg oder Niederlage stehen oft schon vor dem Startschuss oder dem Anpfiff fest. Die Entscheidung fällt im Kopf - mentale Stärke ist der Schlüssel zum Erfolg.

 

Speziell in den Massensportarten wie Tennis oder Fußball gibt es unzählige Talente, aber nur eine Handvoll schafft den Durchbruch. Dem Leistungsdruck, der mit dem Traum einer Profikarriere unweigerlich verbunden ist, können nur wenige Menschen standhalten. Hier setzt das Mentalcoaching an: Das Denken soll lösungs- und leistungsorientiert verändert werden, um von den positiven Auswirkungen zu profitieren. Konkret basiert der Ansatz darauf, dass durch die Ausschüttung von Endorphinen der Körper im Stande ist, eine bessere Leistung abzurufen.

 

Keine "Trainingsweltmeister" mehr

Mit Hilfe von Mentalcoaching soll der Begriff des „Trainingsweltmeisters“ aus dem Vokabular des Sportlers gestrichen werden. Trainierbare Bereiche, wie jene der Konzentration, Motivation oder der gezielten Vorbereitung auf den Wettkampf sollen helfen, die entsprechende Leistung zum Zeitpunkt X abrufen und erbringen zu können. Einfach gesagt: „Gut sein, wenn es darauf ankommt.“

 

Beim BFI OÖ hast du die Möglichkeit, in die spannende Welt des Mentalcoachings einzutauchen. Der Aufbau des Lehrgangs in Form von sechs kompakten Blöcken (Fr/Sa) ermöglicht praktische Erprobungen, Erfahrungen mit anderen auszutauschen und eine intensive Begleitung vom erfahrenen Trainer Stefan Steininger MAS

 

Warum Thomas Zwirchmayr sich für den Lehrgang entschieden hat, erzählt er im folgenden Video:

 

Speziell Profi-Fußballern eilt der Ruf voraus, harte Kerle zu sein und Nerven aus Stahl zu besitzen. Sie müssen aus einem anderen Holz geschnitzt sein als der Durchschnittsbürger, allein schon deshalb, weil sie Millionen-Gagen für ihre Dienste beziehen. Ist es aber nicht viel mehr so, dass auch Profis Menschen sind, wie du und ich? Menschen mit Ängsten, negativen Gedanken und Gefühlen – trotz der mehrstelligen Ziffern auf ihrem Bankkonto?

 

Ein Blick hinter die Kulissen

Einen beeindruckenden und ehrlichen Blick hinter die Fassade, in die Härten seines Jobs, gewährte Per Mertesacker in einem Interview mit dem Magazin „Spiegel“. Der Weltmeister von 2014 und Kapitän des englischen Spitzenklubs Arsenal London beendete nach 15 Jahren und über 500 Profi-Spielen seine Karriere im Mai 2018. Er sprach offen über die (zu) hohen Belastungen eines Spitzensportlers. Neben den körperlichen sprach er allen voran die mentalen Beanspruchungen an. „Es geht dann gar nicht mehr um den Spaß, den dir dieser Sport macht, sondern um das bedingungslose Abliefern, ohne Wenn und Aber." Sein Körper hat auf die hohe Erwartungshaltung vor jedem Spiel mit Brechreiz reagiert, der ihn bis kurz vor dem Anpfiff packte. Auch seine hohe Verletzungsanfälligkeit führt er auf den mentalen Druck zurück: „Wenn ich nicht mehr konnte, war ich verletzt, so war es immer. Ich behaupte sogar, dass viele wiederkehrende Verletzungen psychisch bedingt sind. Dass der Körper der Seele damit zu Ruhe verhilft. Aber das hinterfragt niemand.“

 

Mertesacker, der nach seiner aktiven Karriere Leiter der Nachwuchsakademie von Arsenal London wurde, erntete nach seinem öffentlichen „Outing“ viel Kritik. Der deutsche Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus reihte sich in der Reihe der Kritiker ganz vorne ein: „Wie will er nach diesen Aussagen weiter im Profifußball tätig sein? Er hat doch die Idee, im Nachwuchs zu arbeiten. Wie will er einem jungen Spieler diese Professionalität vermitteln, wenn er sagt, dass da zu viel Druck ist? Das geht nicht.“ Genau hier setzt das Mentaltraining an: Nachwuchs- und Profisportler sollen mittels Mentalcoaching genau diesen Umgang mit Druck erlernen können, um in Stresssituationen adäquat zu reagieren. Manche Menschen schaffen die Selbstregulation bei massivem Druck allein, einige brauchen dabei Unterstützung. Und diese Unterstützung sollte jedem zugestanden werden. Das ist Professionalität!

 

Die absoluten Topstars der Branche, sei es Cristiano Ronaldo im Fußballsport oder Rafael Nadal und Roger Federer im Tennis, umgibt ein Mantra von Stärke, grenzenlosem Selbstvertrauen und einer gewissen Unantastbarkeit. Dies ist das Ergebnis von jahrelanger Arbeit, sowohl im körperlichen als im mentalen Bereich.

 

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